Lassen Sie uns Ihnen eine kurze Geschichte erzählen. Von einer Dame, die
schon seit Jahrzehnten in ihrem kleinen Zuhause lebt, einem lieb
gewonnenen Steinhäuschen mit Garten und Blick in die Berge. Einem
Häuschen mit knarrenden Holzdielen und einem warmen Ofen. Die Dame
benötigt gar nicht mehr, sie genießt die Ruhe und freut sich über ihre
Gäste, die gerne zu Besuch kommen, weil sie sich bei ihr wohlfühlen.
Doch seit gestern ist alles anders.
Unmittelbar
nebenan, Zaun an Zaun, hat der Nachbar plötzlich eine tiefe Baugrube
ausgehoben. Erst gestern Früh, als der Bagger am Heranrollen war, hatte
der Nachbar der Dame über den Zaun hinweg zugerufen: "Sie, i bau mir
jetzt ein Schloss her, a richtig großes. Ob's Ihnen gefällt oder nicht! …
Was fragen'S? Ob Sie dann noch aus'm Fenster außisehn? Naja, auf der
Westseit'n nimmer, aber im Norden ist‘s eh auch ganz nett."
Der Dame
wurde schwindlig. "Und die Gäst', ... fragen'S? Naja, die schicken'S
einfach zu mir. Von meiner Sonnenterrass'n aus können die dann eh noch
in die Berg schaugn."
Ein beklemmendes Gefühl. Unsere Alpenvereinssektion Touristenklub Innsbruck (TKI) führt derzeit einen ähnlich verzweifelten Kampf um ihr Schutzhaus am Innsbrucker Hausberg, dem Patscherkofel. Was würden Sie an ihrer Stelle tun?
Wie Sie vielleicht wissen, findet
in Innsbruck am 11. Juni eine Abstimmung über die Bürgerinitiative zur Verlegung der
Bergstation der neuen Patscherkofelbahn statt. Der Alpenverein fordert die Verlegung der Bergstation der Patscherkofelbahn NEU, um einen Abstand zum Schutzhaus von zumindest 70 Metern zu gewährleisten. Vorgeschichte
Wie die Stadt ihr Großprojekt in den letzten Monaten durchgepeitscht hat, darüber möchten wir Sie nun direkt informieren – weil das vielleicht die letzte Chance ist.
1885 erwarb der
TKI von der Gemeinde (jetzt Agrargemeinschaft) Patsch ein Grundstück für
das Schutzhaus. Im Grundbuch wurde vereinbart, dass in der Nähe kein
weiteres Bauwerk zur Beherbergung und Verköstigung errichtet werden
darf. 1888 wurde das Schutzhaus eröffnet, 1928 erneuert. Es ist seither
ein beliebter Stützpunkt für Tourengeher, Skifahrer und Bergsteiger.
1928 beförderte die Patscherkofelbahn ihre ersten Gäste. Das Schutzhaus hatte somit Gesellschaft. Ab 1996 machte sich Peter Schröcksnadel daran, das Angebot der Patscherkofelbahn auszubauen – inkl. Olympiaexpress mit Restaurant, Panoramabahn, Trainingslift auf der Heiligwasserwiese mit Flutlicht, Beschneiungsanlage und Speicherteich sowie Gastrobereich neben der Bergstation. Damals redete man noch miteinander und einigte sich auf ein gutes Zusammenleben am Patscherkofel-Plateau.
Im
Mai 2014 entschied sich der Innsbrucker Gemeinderat dafür,
Schröcksnadels Anlagen um 10,7 Mio. Euro zu übernehmen – und hatte wohl
bereits den Neubau einer gigantischen Seilbahn-Bergstation im
Hinterkopf.
Nur 22 Meter von der Terrasse des Schutzhauses entfernt soll jetzt das neue Beton-Ungetüm samt Gastronomiebetrieb errichtet werden – genau in jenem Winkel, der den Gästen derzeit noch den schönsten Blick auf die Bergwelt ermöglicht. Am 15.2.2017 beschloss der Gemeinderat mehrstimmig die Ausführung des Projektes und genehmigte dafür die enormen Kosten von 58 Millionen Euro.
Bei der Planung der neuen Bahn hat die Stadt Innsbruck nicht ein einziges Mal das Gespräch mit den Sektionsverantwortlichen gesucht. Von einer Einbindung der Betroffenen kann keine Rede sein.
in Innsbruck zur Verlegung der Bergstation der Patscherkofelbahn NEU
Wann unterschreiben?
Sonntag, 11. Juni 2017
08.00 - 17.00 Uhr
Wer darf unterschreiben?
Alle wahlberechtigten Innsbrucker Gemeindebürger laut Aushang.
Wo unterschreiben?
In den Abstimmungslokalen Ihres Abstimmungssprengels (wie bei anderen Wahlen).
Nicht vergessen:
Bitte einen amtlichen Lichtbildausweis mitbringen!
UPDATE:
Unser aufrichtiger Dank gilt all jenen, die zur Abstimmung gegangen sind! Dank Ihrer Unterstützung konnten wir - trotz aller Hürden, die uns in den Weg gelegt wurden - zumindest ein letztes Zeichen setzen.
Nun liegt es an uns, aus einer aussichtslosen Situation das Beste zu machen. Bitte bleiben Sie dem Schutzhaus am "Kofel" weiterhin treu.
Seit Herbst 2016
bemüht sich unsere kleine Alpenvereinssektion bei Bürgermeisterin
Oppitz-Plörer und den Patscherkofelbahnen um eine gemeinsame Lösung für
den Patscherkofel – leider ohne Ergebnis. Es scheint für die
Bürgermeisterin nur diese eine Variante zu geben, mit einem überaus
engen Zeitplan. Alternative Vorschläge werden sofort abgeschmettert.
25.11.2016: Die Agrargemeinschaft Patsch lässt die Dienstbarkeit (kein Betrieb eines Beherbergungs- und Gastronomiebetriebs neben dem Schutzhaus) aus dem Grundbuch löschen. Der Alpenverein (TKI) erfährt erst nach Entscheidung des Gerichtes davon und reicht eine Berufung ein. Die Dienstbarkeit konnte vorerst erhalten werden.
Laut Unterlagen zum Seilbahn-Verfahren sollte die neue Bergstation 70 Meter südöstlich des Schutzhauses stehen. Bei der Seilbahnverhandlung am 29.9.2016 ist jedoch von einer Positionierung rund 22 Meter südwestlich des Schutzhauses die Rede – direkt vor der Aussichtsterrasse. Der Alpenverein (TKI) erfährt erst bei der Akteneinsicht zehn Tage vor der Verhandlung davon. Die "Korrektur" wird später lapidar als Schreibfehler abgetan. Nach seinem Einspruch muss sich der TKI am 7.10.2016 sagen lassen, dass er als Anrainer keine Parteistellung im Verfahren hat.
November 2016: Start der Rodungsarbeiten. Die Patscherkofelbahnen beginnen, den Wald für die neue Seilbahntrasse zu roden, obwohl der seilbahnrechtliche Bescheid noch nicht rechtskräftig und die Seilbahn somit noch gar nicht bewilligt ist. Kein Hindernis für die Stadt, trotzdem loszuarbeiten. Die Berufung des TKI wird am 17.2.2017 abgewiesen.
Nach Ende der Wintersaison ist das Projekt nicht mehr aufzuhalten:
Patscherkofel Schutzhaus (ÖAV-Hütte)
Neue Bergstation der Patscherkofelbahnen
Gesamtkosten des Projekts: 68,7 Mio. Euro (inkl. Kaufpreis)
Eröffnet wird wohl im Dezember 2017 – schließlich will die Bürgermeisterin den Innsbruckern "ihren Hausberg" noch vor der Gemeinderatswahl im kommenden Jahr übergeben.
Die Vergangenheit zeigt,
dass für zwei Gastronomiebetriebe unmittelbar nebeneinander kein Bedarf
gegeben ist. Angesichts der von der Stadt geschaffenen Faktenlage und
der Unwirtschaftlichkeit zweier parallell geführter Restaurants, ist die Alpenvereinssektion Touristenklub Innsbruck (TKI) im Sinne aller Beteiligten nochmals auf die Stadt zugegangen.
Wir
werden sehen, ob sie noch die Größe hat, das Angebot einer gemeinsam
geführten Gastronomie im Patscherkofel Schutzhaus anzunehmen. Wir werden
in jedem Fall unser Möglichstes tun, um die Bau- und Betriebskosten am
Patscherkofel zu verringern und die Kosten von jahrelangen gerichtlichen
Auseinandersetzungen zu vermeiden.
Die Fakten sind geschaffen,
der Spatenstich gesetzt – schon lange, bevor Sie Ihre Stimme dazu
abgeben durften. Die Volksbefragung am 11. Juni fordert laut Innsbrucker Stadtrecht
ca. 45.000 Stimmen zur Verlegung der Bergstation. Realpolitisch kann man
mit weit weniger Stimmen Bürgermeister werden. Damit wird ein im Grunde
gutes Instrument der Bürgerbeteiligung zum Placebo.
Auch wenn das eingangs zitierte Haus von Arik Brauer
bereits gebaut wird, bitten wir die Innsbrucker trotzdem um die Teilnahme an der
Volksbefragung. Es gilt, ein Zeichen zu setzen – gegen politische
Abgehobenheit und gegen das Überfahren jener, die sich nicht wehren
können. Was in unserem Fall geschehen ist, trifft das nächste Mal
vielleicht andere. Es bleibt letztlich in der Verantwortung des
einzelnen Bürgers, die Demokratie zu wahren und den Machthabern – wenn
nötig – ihre Grenzen aufzuzeigen!
Danke für Ihre Unterstützung!
Verwehrter Blick in die Berge: Panorama vom Patscherkofel Schutzhaus vorher/nachher