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Bergsteigen in Zeiten des Klimawandels

Von Gerhard Mössmer, erschienen im Bergauf-Magazin 02.2019

In Zeiten des Klimawandels müssen wir uns künftig aber damit abfinden, dass zwar „der Berg noch länger steht“, so manch geplante Route allerdings in einigen Jahren schlichtweg nicht mehr oder nur mehr sehr riskant machbar sein wird. Haben wir außer Verzicht und Wehmut noch Alternativen? Und mit welchen klimabedingten Veränderungen und Risiken sind wir beim Bergsteigen in Zukunft vermehrt konfrontiert?

Zustieg zum Geiger Nordgrat. Foto: Gerhard Mössmerzoom

Die Null-Grad-Grenze ist stetig im Steigen, das Wandeis schmilzt, Permafrost löst sich kontinuierlich auf. Felsblöcke werden nicht mehr zusammengehalten und suchen in Form von Steinschlag und Muren den Weg nach unten. Übrig bleiben grauslich-brüchige Flanken und Wände. Deshalb ist in Zukunft vermehrt mit Steinschlag zu rechnen. Dabei sind nicht jene Jahrhundertereignisse wie der Felssturz 2017 am Piz Chengalo gemeint, sondern Steinschlag in kleineren Ausmaßen, der uns aus den auftauenden Flanken bedroht. Was bedeutet das konkret für uns Bergsteiger? Waren wir früher auf Hochtouren meist „oben ohne“ unterwegs, ist der Helm inzwischen ein häufiger und sinnvoller Begleiter, den wir besser zu früh als zu spät aufsetzen. 

Ein früher Aufbruch – sofern die Temperaturen unter null Grad sind – ist nach wie vor eine gute Strategie, Steinschlag zu entgehen. Bei der Routenwahl und den Pausen haben wir Einzugsgebiete von Steinschlag stets im Blick. In brüchigen, ausgeaperten Passagen, wie z. B. im – inzwischen eisfreien – Glocknerleitl, versuchen wir tunlichst, selbst keine Steine loszutreten und achten zudem darauf, ob jemand über oder unter uns ist. Steinschlag ist auch – insbesondere bei Kursen – am Gletscher ein Thema. Durch vermehrten Steinschlag aus den Flanken, liegen mehr Steine am Gletscher, die im Zuge tageszeitlicher Erwärmung vom Eis herunterzufallen drohen. Der Übungsplatz will deshalb gut ausgewählt sein und darf nicht im Einzugsgebiet dieser Geschoße liegen. 

Apropos Übungsplatz: Geeignete Hütten für Eisausbildungen sind mittlerweile Mangelware. Nur mehr wenige Stützpunkte in den Ostalpen wie z. B. das Taschachhaus (Ötztaler Alpen) oder die Oberwalder Hütte (Glocknergruppe) können objektiv sicheres und schnell erreichbares Trainingsgelände bieten.

Mühsame, gefährliche Zustiege

Konnte man vor einigen Jahren die Gletscher von der Hütte aus noch relativ einfach und rasch betreten, müssen wir jetzt einen deutlich längeren und beschwerlicheren Weg in Kauf nehmen, um diese zu erreichen. Auf der Moräne und im Gletschervorfeld bleibt uns nerviges und kraftraubendes „Stolpern“ über groben Schotter und große Blöcke nicht erspart. Zudem muss dieser länger gewordene Abschnitt meist bei Dunkelheit bewältigt werden, weshalb Koordination und Orientierungssinn bereits früh morgens gefragt sind. 

Auf vielbegangenen Routen weisen zwar zahlreiche Steinmännchen und manchmal sogar – im Schein der Stirnlampen reflektierende – „Katzenaugen“ den Weg, aber in einsameren Gegenden empfiehlt sich jedenfalls eine kurze Erkundungstour am Vortag, um am nächsten Morgen den richtigen Steigspuren folgen zu können. Immer wieder sind Wege auf Grund von Gletschereisschmelze und Auflösung des Permafrostes auch von Vermurungen oder Steinschlag bedroht. Prominentestes Beispiel hierfür ist das extrem steinschlaggefährdete Grand Couloir am Mont Blanc, das es – nur mehr unter Einsatz des Lebens – im Zustieg zur nagelneuen Gouter-Hütte zu queren gilt. Bleibt die Frage, ob die anspruchsvolle Süd-Route auf den Mont Blanc über die – ebenfalls neue – Gonella-Hütte eine objektiv sicherere Alternative darstellt?

Durch den Rückgang des Permafrostes und der zunehmenden Eisschmelze muss vermehrt mit Steinschlag aus ausgeaperten Couloirs gerechnet werden (Teufelsgrat, Mt. Blanc de Tacne, Frankreich). Foto: Gerhard Mössmerzoom
Durch den Rückgang des Permafrostes und der zunehmenden Eisschmelze muss vermehrt mit Steinschlag aus ausgeaperten Couloirs gerechnet werden (Teufelsgrat, Mt. Blanc de Tacne, Frankreich). Foto: Gerhard Mössmer
 

Anspruchsvolle Übergänge

Hat man es endlich auf den letzten Gletscherrest geschafft, wartet in den vielfach ausgeaperten Scharten die nächste Hürde. Wenn sie nicht, wie im Mitterkarjoch an der Wildspitze oder in der Fuorcla Prievlusa am Biancograt, klettersteiggleich mit Stahlseilen versichert sind, können unüberwindbare Randklüfte und/oder hohe Felsstufen schnell das Ende der Tour bedeuten. Um dem zu entgegnen, hilft nur das Einholen aktueller Bedingungen vor Ort – idealerweise durch den Hüttenwirt – und eine entsprechende Ausrüstung, um auch für etwaige Abseilstellen, wie jene in der Geigerscharte am Großen Geiger gerüstet zu sein. Sind die Abseilstellen noch nicht mit Bohrhaken eingerichtet, kann es durchaus vorkommen, dass man auf weniger begangenen Routen eine Abseilstelle selbst einrichten oder eine bestehende mit Bandmaterial nachbessern muss. Allerdings heißt es nicht, dass man von einer bestehenden Abseilstelle mit einem 60-Meter-Seil zwingend auf den Gletscher kommt, da der Abseiler schon einige Jahre alt sein könnte und der Gletscher inzwischen wieder massiv an Mächtigkeit verloren hat.

 Übergänge sind oft nur noch über Klettersteige oder Abseilstellen zu bewältigen (Totenfeldferner, Jamtal). Fotos: Gerhard Mössmerzoom
Übergänge sind oft nur noch über Klettersteige oder Abseilstellen zu bewältigen (Totenfeldferner, Jamtal). Fotos: Gerhard Mössmer

Schwierige Bachquerungen

Auch Gebirgs- und Gletscherbäche werden immer schwieriger zu überqueren, da sie – der stetig steigenden 0°-Grenze geschuldet – Tag und Nacht viel Wasser führen. Früher halfen diesbezüglich noch ein früher Aufbruch bzw. eine frühe Rückkehr, heute helfen nur noch Brücken oder ein Schlauchboot, insbesondere, wenn man in naher Zukunft von der Franz-Josefs-Höhe zur Adlersruhe will. Keinesfalls sollte man versuchen, um jeden Preis einen reißenden Gletscherbach zu überqueren. Findet man keine geeignete Stelle, sind ein Abbruch der Tour oder der Versuch, großräumig eine bessere Stelle zu finden, die einzigen Möglichkeiten. Immer öfter zum Problem werden Bäche und „Schneesümpfe“ am Gletscher. Auch hier gilt es, vorausschauend zu denken und rechtzeitig auf die richtige Seite zu wechseln, bevor das Rinnsal zum Bach anwächst und es sich nicht mehr überqueren lässt.

Alte Routen, neue Möglichkeiten

„Im steilen Eis. 80 Eiswände in den Alpen“. Wer hat ihn nicht zu Hause im Regal stehen, den Kult- Eiskletterführer aus den 1960er Jahren von Erich Vanis? Leider hat der schmucke Bildband heute einen rein nostalgischen Wert, sind doch die meisten der 80 Eiswänden nur noch in Fragmenten oder gar nicht mehr vorhanden. Deshalb sind aktuelle Führerliteratur, Karten mit aktuellen Gletscherständen und aktuelle Bedingungen aus dem Internet Standard für die Planung einer Hochtour und wichtiger denn je. 

Auf Grund ausgeaperter Eiswände haben sich aber nicht nur die Verhältnisse, sondern auch die Jahreszeiten für Begehungen und die technischen Anforderungen massiv verändert. Fand man vor 30 Jahren im Frühsommer perfekte Bedingungen in den vereisten Nordwänden vor, gilt es, diese aktuell im Winter und im kombiniertem – sogenannten „Mixed“- Gelände zu klettern. Steinschlag und fehlendes Eis machen Begehungen im Sommer objektiv zu gefährlich und außerdem technisch – im brüchigen Fels – beinahe unmöglich. Viele der klassischen Eis-Nordwände der Ostalpen werden heute aus diesen Gründen gar nicht mehr begangen. Dafür kommen Jahr für Jahr neue, schöne kombinierte Routen wie z. B. am Wildgall, am Zwölferkogel oder auch am Großglockner hinzu, die in der Regel im Spätherbst, Frühwinter und in schneearmen Wintern beste Eis- und Mixed- Verhältnisse aufweisen.

Wo man einst bequem von der Hütte aus den Gletscher erreichte, müssen heute aufwendige Konstruktionen errichtet werden, um auf den Gletscher zu gelangen. Am Weg zur Concordia-Hütte (Aletschgletscher, Schweiz).zoom
Wo man einst bequem von der Hütte aus den Gletscher erreichte, müssen heute aufwendige Konstruktionen errichtet werden, um auf den Gletscher zu gelangen. Am Weg zur Concordia-Hütte (Aletschgletscher, Schweiz).

Resümee

Rosig sind die Aussichten für Bergsteiger in Zeiten des Klimawandels wahrlich nicht: Anspruchsvolle Nordwandrouten können oft nur mehr im Winter objektiv sicher begangen werden und ehemals leichte Gletschertouren sind durch die Bank mühsamer und die Gesamtanforderungen betreffend komplexer geworden. Besonders bei Überschreitungen und Durchquerungen, bei denen die Abstiegsroute nicht ident mit der Aufstiegsroute ist, muss mit komplizierterer Wegfindung und schwierigeren, eventuell sogar unpassierbar gewordenen Übergängen gerechnet werden, weshalb aktuellen Informationen zu Wegbeschaffenheit, Wegsperrungen, Gletschern und der Routen in Zeiten des Klimawandels noch größere Bedeutung zukommt. 


DI Gerhard Mössmer ist Berg-und Skiführer und in der Abteilung Bergsport zuständig für Publikationen.

 
 
 
 

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